Selfpublishing Power – Selbst ist die Frau

Schriftstellerin und Unternehmerin. Wie Selfpublishing mein Leben rettete

Keine Sekunde hatte ich ans Selfpublishing gedacht. Ich dachte überhaupt nicht ans Veröffentlichen, während ich schrieb, ich dachte immer nur an die Geschichte. Denn die war mein Ausweg aus einem zermürbenden Job und verschaffte mir ein Leben, wie ich es mir erträumte. Menschen, die ich gerne kennen würde. Einen Mann, in dessen Gegenwart mein Herz schneller schlug, der der Welt die Stirn bot. Und während ich mit ihm mitfieberte, seine Abenteuer mit ihm bestand, mit ihm litt wie ein Hund und sogar dem Tod ins Gesicht sah, näherte ich mich unweigerlich dem Ende der Geschichte.

Erst schreiben, dann publizieren

Erst jetzt machte ich mir Gedanken übers Publizieren. Naiv wie ich war, schickte ich das Exposé gleich einmal an die großen Agenturen und Publikumsverlage. Damals ging das noch nicht übers Internet. Ich verbrauchte eine ganze Menge Papier und Toner, kuvertierte, schleckte Briefmarken ab und brachte einen großen Stapel blütenweißer A4-Kuverts zur Post. Mein Aufbruch in mein neues Leben. Sechs Wochen heißt es, muss man warten. Vollgepumpt mit Hoffnung und Zuversicht.

Die harte Realität des Buchmarkts

Sechs Wochen drehte ich täglich aufgeregt den Schlüssel im Briefkastenschloss, und dann kamen die ersten. Einen nach dem anderen fischte ich heraus. Keine blütenweißen Pakete, sondern Standardbriefe auf schnödem Geschäftspapier. Wenn überhaupt. Mit jedem einzelnen sackte meine Zuversicht eine weitere Etage in Richtung Keller, auch wenn meine Testleser immer noch felsenfest überzeugt waren, dass die Geschichte erscheinen musste. Aber was wussten die schon? Die wollten doch nur nett sein.

Genau das schreiben, was ich nicht wollte?

In einem der Briefe stand wenigstens eine Begründung. Ich müsse Mittelalter schreiben und eine weibliche Protagonistin. Histokitsch, genau das, was ich nicht wollte. Während meine Testleser immer noch Durchhalteparolen ausgaben, verabschiedete ich mich von meiner Schriftstellerkarriere, noch bevor sie begonnen hatte. Nach 14 Absagen gab ich auf. Heute weiß ich, dass das wenig sind, dass berühmte Autoren über 90 kassierten, bevor sie zum Megaseller wurden. Damals begrub ich meinen Traum.

Burnout – und was nun?

Ich seufzte tief und fand mich damit ab, dass ich mich weiterhin in meinem sicheren Brotberuf abstrampeln musste. Wen kümmerte schon das Bauchweh, das pünktlich einsetzte, sobald ich in die U-Bahn stieg? Wen kümmerte schon, dass ich an einem prestigeträchtigen Arbeitsplatz souverän mit den Zahlen jonglierte, innerlich aber vor die Hunde ging? Bis mir mein sicherer Arbeitsplatz ein todsicheres Beinahe-Burnout bescherte und ich am eigenen Leib spürte, was ein handfester Nervenzusammenbruch ist. Ich musste raus aus dem Hamsterrad, so viel hatte ich verstanden. Also selbstständig machen, nur womit? Das Schreiben hatte ja nicht funktioniert. Nachweislich.

Ein Neustart mit hochfliegenden Träumen …

Es gab da diese Ausbildung zur Farb-, Stil- und Imageberaterin, um die ich seit Jahren herumtanzte. Viel zu teuer für einen Hobbykurs, aber vielleicht als Beruf? Ich investierte den einen Teil meiner Abfertigung in den Lehrgang, den anderen steckte ich als Startkapital in mein erstes Unternehmen. Jede Sekunde der Ausbildung habe ich genossen, ja geradezu  inhaliert, ich bestand die Prüfung mit Auszeichnung, wie fast alle Prüfungen in meinem Leben.

… aber im falschen Beruf

Ich wollte Unternehmerin sein, unbedingt. Und so saß ich im Gründungsprogramm für Jungunternehmer, randvoll mit Pioniergeist, und neben mir – eine angehende PR-Texterin. Meine allererste Reaktion? Wieso hat sie so einen coolen Job und nicht ich. Nicht einmal da hatte ich es begriffen. Auch nicht, als ich Kolleginnen ihre wackeligen Texte aufmöbelte und sie mich drängten, aus dem Schreiben etwas zu machen. Ich hatte ein Brett vor dem Kopf, denn 14 Verlage hatten meinen Roman ja nicht gewollt.

Übers Marketing zurück zur Berufung

Wenn man gerne schreibt, liegt Bloggen als Marketinginstrument auf der Hand. Wen überraschte es, dass mir das Bloggen über Stilfragen viel mehr Spaß machte als die Stilberatung an sich? Richtig. Mich selbst. Die Erleuchtung kam mir erst in der Gluthitze von Texas. Ich zog mich für die beiden Sommermonate zu meiner Freundin zurück und beschloss, meinen Blog zu monetarisieren, sprich, Online-Kurse auszuarbeiten. Programme der besonderen Art. Stilberatung, die Abenteuer und Persönlichkeitsentdeckung verbindet. Die nicht nur einkleidet, sondern hinter die Fassade blickt und das ganz Spezielle aus der Kundin herausholt.

Immer wieder kam mir Bühne in den Sinn

Während meine Freundin in der Arbeit war, werkelte ich an meinem Kurs, saß über Kreativitätsbüchern und ließ meinen Assoziationen die Zügel schießen. Egal, wie ich es drehte und wendete, immer wieder kam mir Bühne in den Sinn. Figuren. Requisiten. In der Stilberatung gibt es tatsächlich solch einen Ansatz, deswegen hatte ich wiederum fantastisch viel Zeit, um auf der Leitung zu stehen. Diesmal bei 40 Grad im Schatten, aber noch war mein Hirn nicht völlig weichgekocht. Ich weiß nicht, woher der Funke plötzlich kam, aber nach acht Wochen schoss er mir ein wie ein Blitz. Figuren! Bühne! Requisiten! Schreiben war angesagt!

Nun hielt mich nichts mehr

Ich hatte die fertige Ausbildung zur Schreibpädagogin seit Jahren in der Tasche, ohne sie je zu nutzen. Mit einem Schwung fegte ich die Stilberatungsunterlagen zur Seite und zückte ein leeres Blatt. Mein Markenname war genauso schnell gekommen wie der zündende Funke. Aventiure, das Abenteuer! Das Abenteuer Schreiben!

Acht Wochen Arbeit hakte ich mit einem beherzten Strich ab und konzentrierte mich in der verbleibenden neunten nur mehr aufs Schreiben. Zurück in Wien meldete ich die Domain an, noch bevor die Koffer richtig ausgepackt waren. Ich scharrte wiederum in den Startlöchern, aber diesmal im vollen Bewusstsein, das Richtige zu tun. Ich mag es nicht, wenn Leute große Töne spucken, ohne den Beweis antreten zu können, dass sie selbst beherrschen, was sie predigen. Doch ich hatte den Beweis in der Schublade, einen fertigen Roman! Mein Buch musste auf den Markt!

Die Dinge selbst in die Hand nehmen

Ich nahm mir ein halbes Jahr, es noch einmal auf Vordermann zu bringen. Eine meiner Stilberatungskundinnen schusterte mir das erste Cover zusammen. Ich hatte keine Zeit, 90 Verlage anzuschreiben und auf ein Vielleicht zu hoffen. Ich musste die Dinge selbst in die Hand nehmen.

Meine Anfänge waren an Naivität nicht zu überbieten, doch es war ein Anfang, und von da an lernte ich ständig dazu. Die ersten Verkäufe waren okay, aber vom Bestseller weit entfernt. Ich beschloss, mir ein richtig schönes Cover zu gönnen, und beauftragte Alexander Kopainski, der heute zu den Stars zählt. Ich wollte das Buch auch als Print in der Hand halten, in richtig hübschem Kleid. Als es im Selbstverlag erschien, bei BoD on demand gedruckt, und ich es das erste Mal in der Hand wog, mit seinen 528 Seiten, dunkel und verführerisch, geheimnisvoll und gewichtig, berauschend schön, weinte ich.

Happy end und die Chance auf viel mehr

Heute ist »Das Gift der Schlange« ein Longseller und meine Cashcow. Ohne den Druck von außen wäre es in meiner Schublade verstaubt, denn ich weiß nicht, ob ich mich übers Selfpublishing getraut hätte. Heute hat es viele Hunderte Fans, ich bekomme Mails aus dem ganzen deutschen Sprachraum, fantastische Rezensionen, und der Folgeband wurde von einer Fachjury auf die Shortlist des Deutschen Selfpublishing-Preises gewählt. Momentan schreibe ich am dritten Band der Reihe, und wer weiß, wohin die Reise noch geht.

Ich brauche keinen Verlag, um meine Expertise zu belegen

Nur ganz selten werde ich gefragt, in welchem Verlag ich veröffentliche, ich brauche keinen mehr, um anerkannt zu werden oder meine Eitelkeit zu befriedigen. Bin ich für Verlage offen? Warum nicht, wenn das Angebot stimmt. Doch heute kann ich diejenige sein, die wählerisch ist und die Optionen genau prüft. Und heute muss ich mir von keinem Verlag nahelegen lassen, etwas zu schreiben, hinter dem ich nicht hundertprozentig stehe, denn im Selfpublishing bekommen auch die Bücher eine Chance, die sich nicht in die Gussformen von Mainstream und Kommerz pressen lassen. Und jetzt bin ich beides: Schriftstellerin und Unternehmerin.

Mit »Das Gift der Schlange« machte ich meinen Sprung ins Selfpublishing. Verlage trauten sich damals nicht drüber, doch heute ist es ein Longseller.

Das Gift der Schlange