Ehrlichkeit, sich selbst gegenüber. "Ich bin kein Mann, den man sich als Vater wünscht." Aus: Der Schwur der Schlange

Macht Ehrlichkeit unsympathisch?

Ich mag es, wenn ein Held selbstkritisch ist. Nicht auf die jammernde, melancholische oder selbstzerstörerische Weise, in der viele in erster Linie sich selbst bemitleiden. Sondern schonungslose Ehrlichkeit.

Niemand hat ausschließlich positive Seiten, und wenn ich überhaupt keine Ecken und Kanten an jemandem sehe, sind mir solche Leute sehr schnell verdächtig. Romanfiguren ebenso wie reale Menschen. Vor allem bei Gutmenschen bin ich in höchstem Maße skeptisch. Ich will ihre positiven Absichten gar nicht in Abrede stellen, aber unterschwellig erscheinen sie mir unauthentisch und gekünstelt. Es gibt nämlich auch ein Zuviel des Guten.

Die Wahrheit hat immer mehrere Gesichter

Der Marchese beschönigt nichts, bettelt aber auch nicht um Verständnis. Dass ich ihn nicht kinderlieb anlegte, war ein Risiko, das ich sehr bewusst einging. Kinder- und Tierliebe verlangen viele von positiven Figuren und realen Menschen. Ich habe das Klischee von den kinder- und tierlieben Romanhelden jedoch so satt! Sind sie denn nur etwas wert, wenn sie die vermeintlich Kleinen und Schwachen lieben?

Den Marchese nerven Kinder. Sie sind laut, sie lassen ihr Spielzeug herumliegen und sie erfordern Aufmerksamkeit. Sie halten sich nicht an Regeln. Aber ist er tatsächlich schlecht, nur weil er das zugibt? In »Der Schwur der Schlange« konfrontiere ich ihn mit Kindern. Auf unkitschige, realistische Weise.

Was wünscht man sich von einem Vater?

Er selbst sieht sich nicht als Vater, aber würden ihm andere in dieser Einschätzung zustimmen? Einmal davon abgesehen, dass ich gerne seinen Genpool hätte, ist er ein starker, mutiger Beschützer. Er öffnet gesellschaftlich Türen, die anderen lebenslang verschlossen bleiben. Mit ihm kann man Abenteuer erleben. Ist er ein schlechter Vater, nur weil er nicht unseren Konventionen entspricht?

Er meint ja und fischt dabei nicht um Komplimente oder Beteuerungen des Gegenteils. Er ist ehrlich. Wissend, dass es ihm Minuspunkte einbringt. Findest du das mutig oder unsympathisch? Und würdest du ihn dir als Vater wünschen?

Willst du wissen, wie der Marchese mit den Kindern zurecht kommt, die ich ihm in den Weg schicke?

Aus diesem Buch stammt der Satz

Der Schwur der Schlange