Alexander Merahwi aus Shark Temptations

Interview mit Alexander Merahwi aus „Tanz der Ikonen“

Diesem Mann Geheimnisse zu entlocken, ist fast unmöglich – Auch das Interview mit Merahwi ist ursprünglich auf Manuela Pflegers Blog erschienen. Sie sprach mit dem Hai über Kunst und das Verhandeln mit der Mafia.

Hallo ihr Lieben, ich habe euch berichtet, dass ich unterwegs in Wien war und dort Herrn Alexander Merahwi sah. Ich ergriff meine Chance und stellte mich ihm vor. Wie es gelaufen ist? Lest selbst. 🙂

Herr Merahwi? Sind Sie es?

(Merahwi dreht sich verwundert um) Und Sie sind?

Ich bin Manu, von Manus Bücherregal, und habe heute schon Julian und B.D. Winter für ein Interview getroffen. Würden Sie mir eventuell auch noch einige Fragen für die Blogtour von „Tanz der Ikonen“ beantworten?

Ah, die Presse für das Buch, das würde ich gerne … Warten Sie bitte einen Moment. (Er sieht auf die Uhr, öffnet auf seinem iPhone offenbar den Terminkalender und telefoniert mit seiner Sekretärin.) Gehen wir an einen Ort, wo wir ungestört reden können. Auf der Dachterrasse gibt es ein Café.

Kommen Sie gerade aus dem Kunstmuseum Albertina oder wollten Sie gerade hinein gehen?

Ich komme aus der aktuellen Ausstellung. Haben Sie die schon gesehen? Sie sollten Ihren Wien-Aufenthalt unbedingt auch für die Museen nutzen.

Was fasziniert Sie an Kunst?

Das kann man schwer in ein paar Worte fassen (er lächelt versonnen). Wenn ich sage Schönheit, greift das viel zu kurz. Ein wahres Kunstwerk spricht zu Ihnen, es erzählt Ihnen etwas auf einer Ebene, die man mit Wörtern nicht erreicht. Ein dynamischer Pinselstrich, ein harter Kontrast, Spannung an der richtigen Stelle, da gibt es so vieles. Für mich mischen sich in einem Kunstwerk Intellekt und Sinnlichkeit, in einem guten Bild kann man immer etwas fühlen. Kunst macht uns doch erst wirklich zu Menschen.

Sie sind Verhandlungsstratege und führen eine Firma. Was reizt Sie an ihrem Job?

Die Herausforderung. Jede Verhandlung ist anders und hängt von den Beteiligten ab. Mich interessiert das, was die Menschen wirklich wollen, und ich helfe meinen Klienten, es zu bekommen. Das geht wesentlich einfacher, wenn man selbst emotional unbeteiligt ist. Ich beobachte gerne, versetze mich in andere. (Er schmunzelt) Und es gefällt mir, zu gewinnen.

Wieso arbeiten Sie mit Martin zusammen? Wie kam es zu dieser Zusammenarbeit?

Wir gingen gemeinsam in die Schule, er studierte später Wirtschaftsrecht und kennt sich gut mit den Paragrafen aus. Ich brauchte eine rechtliche Absicherung, weil wir naturgemäß viel mit Verträgen zu tun haben. Ich selbst bin Kunsthistoriker und bringe Verhandlungsgeschick ein. Außerdem sollte er mir den Rücken freihalten und sich um die Administration und die Finanzen kümmern.

Warum steckt Ihre Firma in finanziellen Schwierigkeiten?

Nüchtern gesagt, weil ich mich nie um diese Seite des Unternehmens gekümmert und die betriebswirtschaftlichen Fähigkeiten meines Geschäftspartners überschätzt hatte. Das war eindeutig ein Fehler, und noch bin ich dabei, die wahren Ursachen zu suchen. Aber es ist gewiss nicht das, was er oder die Bank glauben. Einsparungsmaßnahmen wären der sicherste Weg, unsere Reputation bei den maßgeblichen Klienten zu untergraben. Wir brauchen ein repräsentatives Büro und exzellente Mitarbeiter.

Wieso machen Sie auch nicht ganz so legale Geschäfte? Des Geldes wegen oder welchen Grund gibt es?

Natürlich bringen solche Aufträge gutes Geld, sie kosten aber auch welches. Es ist zum einen meine abenteuerliche Ader, zum anderen mein schon erwähnter Hang zum Gewinnen. Manchmal führen die vom Gesetz vorgesehenen Methoden nicht zum Ziel, manchmal nicht schnell genug, und manchmal steht das Gesetz auch auf Seiten der Falschen. Nehmen Sie Yudins Fall: Hätte ich den legalen Weg beschritten, könnte er nie mehr tanzen.

Was hat Sie bei der Suche nach der Christus-Pantokrator-Ikone am meisten gefordert?

Die Suche selbst war Routinearbeit. Schwierig wurde es erst, als Julian die Affäre mit unserem Auftraggeber anfing. Der Zeitdruck war schlimm, und dass ich an einem entscheidenden Punkt raten musste, ohne die Mitspieler persönlich zu kennen. Ich hatte kaum ein Gefühl für sie.

Warum reagieren Sie so auf Ihren Angestellten Julian und wieso verlangten Sie von ihm, dass er zu Jan geht und vieles von seinem Facebook-Account löscht?

Was meinen Sie mit „so“? Dass es mir nicht recht ist, wenn er seine Homosexualität offensiv kommuniziert? Ich schätze ihn sehr wegen seiner Intelligenz, seiner überschwänglichen Freundlichkeit und seines Idealismus. Ich kenne nicht viele Menschen, die solches Rückgrat beweisen und sich für eine Sache einsetzen wie er. Aber ich muss auch an mein Unternehmen denken. Meine Klienten stammen großteils aus der Wirtschafts-, Kultur- und Politikprominenz und sind äußerst konservativ. Es wäre taktisch höchst unklug, sie vor den Kopf zu stoßen, wenn nicht sogar ruinös.

Hatten Sie schon früher Verhandlungen mit der russischen Mafia geführt?

Nein, es war das erste Mal.

Ich hätte persönlich eine große Angst mit der Mafia zu verhandeln. Hatten Sie keine Angst?

Manchmal schon, nicht nur vor körperlicher Gewalt. Ich konnte mich auf keine ungeschriebenen Regeln verlassen. Alles, was ich wusste, war, dass ich keinesfalls Schwäche zeigen durfte.

Haben Sie Familie? Denn davon haben wir nichts im Buch erfahren.

Ich habe drei Geschwister. Sie können sich vorstellen, dass bei persischen und italienischen Wurzeln die Familie groß ist.

Was geschah eigentlich mit Tom? Er kommt ja hin und wieder vor, und ich weiß zwar, was er getan hat, aber ich weiß nicht wieso. Sind Sie der Grund dafür gewesen, dass Tom so gehandelt hat?

Nein, ich war nicht der Grund, aber ich bin wahrscheinlich der einzige, der es verhindern hätte können.

Wie denken Sie über Outing von Homosexuellen?

Ich bin in dieser Frage äußerst zurückhaltend. Meist unterschätzt man die Konsequenzen.

Herr Merahwi, vielen lieben Dank, dass Sie sich für mich Zeit genommen haben. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg und Glück.  Möchten Sie zum Abschluss noch etwas los werden oder den Lesern mitteilen?

Hören Sie gut zu, beobachten Sie und versetzen Sie sich in Ihr Gegenüber. Finden Sie heraus, was der andere unbedingt will, achten Sie auf seine Grenzen und darauf, was nicht verhandelbar ist. Auch, wenn Sie über Ihren Schatten springen müssen. Denn bei einer guten Verhandlung gewinnen alle Seiten.

Könntest du Merahwis Tipps in Verhandlungen befolgen? Ob er seinen Grundsätzen treu bleibt und wie er verhandelt, wenn es um alles oder nichts geht, kannst du hier herausfinden.

Zu diesem Buch führte Manu das Interview

Tanz der Ikonen